Diplomprüfungsordnung der Hochschule für Bildende Künste Dresden vom 01.05.1958

Diplomprüfungsordnung der Hochschule für Bildende Künste Dresden vom 01.05.1958 Archiv HfBK Dresden, 05/EA/112, unpag. (1)

Diplomprüfungsordnung der Hochschule für Bildende Künste Dresden vom 01.05.1958 Archiv HfBK Dresden, 05/EA/112, unpag. (1)

Diplomprüfungsordnung der Hochschule für Bildende Künste Dresden vom 01.05.1958 Archiv HfBK Dresden, 05/EA/112, unpag. (2)

Diplomprüfungsordnung der Hochschule für Bildende Künste Dresden vom 01.05.1958 Archiv HfBK Dresden, 05/EA/112, unpag. (2)

Diplomprüfungsordnung der Hochschule für Bildende Künste Dresden vom 01.05.1958 Archiv HfBK Dresden, 05/EA/112, unpag. (3)

Diplomprüfungsordnung der Hochschule für Bildende Künste Dresden vom 01.05.1958 Archiv HfBK Dresden, 05/EA/112, unpag. (3)

Diplomprüfungsordnung der Hochschule für Bildende Künste Dresden vom 01.05.1958 Archiv HfBK Dresden, 05/EA/112, unpag. (4)

Diplomprüfungsordnung der Hochschule für Bildende Künste Dresden vom 01.05.1958 Archiv HfBK Dresden, 05/EA/112, unpag. (4)

In der DDR wurde das Studium der Bildenden Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Dresden – wie auch heute noch – mit einem Diplom abgeschlossen. Die Rahmenbedingungen für die Erlangung dieses akademischen Grades setzte eine Diplomprüfungsordnung fest, die erstmals 1958 detailliert für die HfBK Dresden aufgestellt wurde. Zuvor existierte eine Ordnung aller Prüfungen wie Aufnahmeprüfung, Zwischenprüfung und Abschlussprüfung, in der die Bestimmungen zur Abnahme des Diploms wesentlich knapper formuliert waren.[1]

Nach der Diplomprüfungsordnung von 1958 waren zum Diplom nur diejenigen zugelassen, die am Ende des vierten Studienjahres drei Abschlussprüfungen erfolgreich bestanden hatten (vgl. Abschnitt I.1): im künstlerischen Hauptfach (z.B. Malerei), in den Kunstwissenschaften (mit den Fächern Kunstgeschichte und Ästhetik) und in den Gesellschaftswissenschaften (mit den Fächern Marxismus-Leninismus, Politische Ökonomie und dialektischer und historischer Materialismus – dies waren Pflichtveranstaltungen für Studierende aller Hoch- und Fachschulen seit der zweiten Hochschulreform von 1952/52).[2] Zusätzlich war ein Nachweis über russische Sprachkenntnisse erforderlich.

Waren diese Bedingungen erfüllt, kam der Studierende in das fünfte Studienjahr, das der Anfertigung der Diplomarbeit gewidmet war. Nach der Diplomprüfungsordnung von 1958 konnte jeder Diplomkandidat das Thema seiner Abschlussarbeit prinzipiell selbst wählen, benötigte aber das Einverständnis seiner Fachprofessor*in bzw. Fachdozent*in (vgl. Abschnitt II, 1-2). Letzteres bot dem Lehrpersonal die Möglichkeit, lenkend in die inhaltliche Ausrichtung der Diplome einzugreifen. Inwieweit sie das taten oder ob die Diplomand*innen tatsächlich frei über das Thema ihrer Abschlussarbeiten entscheiden konnten, lässt sich in der Rückschau nur schwer bestimmen.[3] Betrachtet man die sich heute noch im Bestand der HfBK befindlichen Diplomarbeiten bis in das Jahr 1969, als eine neue Diplomprüfungsordnung in Kraft trat, so lässt sich zumindest feststellen, dass sich die dominierenden Motive in die von kulturpolitischer Seite geforderten Themen einfügen: Die überwiegende Anzahl zeigt Arbeiter*innen, entweder bei der Verrichtung ihrer Tätigkeit oder beim Abhalten einer Pause. Hinzu kommen einige Historienbilder, die den Nationalsozialismus, den Zweiten Weltkrieg oder die Kriegsereignisse in Vietnam thematisieren. Darüber hinaus gibt es mehrere Gemälde, die Kinder im Kindergarten, in der Schule, beim Schulausflug oder bei der Handarbeit darstellen. Das eigene Leben als Kunststudent*in wird in nur drei Abschlussarbeiten reflektiert[4]; private Bildthemen fehlen fast vollends.

In allen Arbeiten zwischen 1958 und 1968 steht der Mensch im Mittelpunkt, in mehrfigurige Kompositionen eingebunden. Ausnahme bilden die einfigurigen Gemälde von Marianne Dextor aus dem Diplomjahr 1967.

Mit zum Teil recht komplexen Bildaufbauten stellten diese Arbeiten das Vermögen der Absolventen, menschliche Figuren in unterschiedlichen Konstellationen im Raum anzuordnen und darzustellen, unter Beweis. Nur ein einziges Gemälde, das Jugendliche bei der Feldarbeit in einer weiten Landschaft zeigt, hat die Anmutung eines Landschaftsbildes[5]. Eine gewisse Normierung lässt sich also in den Abschlussarbeiten erkennen. Dabei ist durchaus denkbar, dass die Diplomkandidat*innen die Wahl eines politiknahen Themas kalkulierend selbst trafen: Mit ihren Abschlussarbeiten wurden sie in ein System entlassen, in dem zu diesem Zeitpunkt ein Kunstmarkt nur im Verborgenen existierte und die Künstler und Künstlerinnen mehr oder weniger von staatlichen Aufträgen abhängig waren. Günther Hornig diplomierte sich zum Beispiel 1962 mit der Darstellung von Bauarbeitern und damit mit einem für seine Arbeit untypischen Motiv, das damals laut seiner eigenen Aussage „auf helle Begeisterung“ stieß.[6]

Mit der Bestätigung des Themas durch die Fachprofessor*in bzw. –dozent*in begann die Betreuung der Kandidat*in. Das Thema konnte dann nur noch mit schriftlichem Antrag und mit Zustimmung der Betreuer*in bis max. zwei Monate nach Beginn des Diplomjahres geändert werden(vgl. Abschnitt II, 3).

Auch der zeitliche Ablauf des Diplomjahres wurde durch die Diplomprüfungsordnung vorgegeben. Zu Beginn fertigte die Diplomand*in eine Ideenskizze an und legte der Betreuer*in bis spätestens zum Abschluss des Herbstsemesters[7] einen Entwurf vor. Ende Mai musste die Arbeit fertiggestellt sein. Während der Ausführung der Diplomarbeit konnte die Kandidat*in die Betreuer*in bis zu sechs Mal konsultieren. Diese/r durfte nur verbale Hinweise geben, selbst aber keine Korrektur vornehmen (vgl. Abschnitt II, 4-5).

Bis Ende Juni erfolgte dann die Verteidigung und Abnahme des Diploms durch eine Prüfungskommission, deren Vorsitz gemäß der Diplomprüfungsordnung die Abteilungsleiter*innen innehatten, somit für Gemälde die Leitung der Abteilung Malerei. Zur Kommission gehörten stimmberechtigt zudem ein bis zwei Dozent*innen des jeweiligen Studienganges sowie des Faches Ästhetik, die Prorektor*innen für Studienangelegenheiten und des gesellschaftswissenschaftlichen Grundstudiums. Der Sekretär der FDJ-Hochschulorganisation war mit beratender Stimme beteiligt. Die Prüfung war nicht öffentlich, der Rektor und der Vorsitzende konnten jedoch Gäste zur Prüfung einladen (vgl. Abschnitt III, 2).

Zu Beginn der Prüfung erhielt die Diplomkandidat*in das Wort und begründete die Wahl des Themas sowie die künstlerische Umsetzung. Im Anschluss erhielten die Mitglieder der Kommission die Möglichkeit, Fragen an die Kandidat*in zu stellen. Die Festlegung der Note erfolgte in seiner/ihrer Abwesenheit, wobei die Betreuer*in der Kandidat*in das Vorschlagsrecht hatte und dann offen abgestimmt wurde.[8]

Für die Benotung des Diploms standen die Bewertungen „sehr gut“, „gut“, „bestanden“ oder „nicht bestanden“ zur Auswahl (vgl. Abschnitt IV, 3). Ob die Prüfungskommission tatsächlich eine Diplomkandidat*in mit der schlechtesten Bewertung hat durchfallen lassen, wird die aktuell durchgeführte Aktenrecherche im Rahmend des Forschungsprojektes „Körper und Malerei“ noch zeigen.

In den Schlussbestimmungen der Diplomprüfungsordnung heißt es, dass die Diplomarbeiten für drei Jahre in der Hochschule für bildende Künste mit dem Vermerk „HfBK Dresden – Diplomarbeit“ aufzubewahren seien. Nach Ablauf dieser Frist sollte der Senat über die Weiterverwendung entscheiden (vgl. Abschnitt V, 1). Offenbar entschied er sich in den überwiegenden Fällen für den Erhalt im hochschuleigenen Besitz, denn die meisten in der Zeit der DDR angefertigten Diplombilder befinden sich noch heute in der Gemäldesammlung der HfBK Dresden.

Stichproben ergaben, dass längst nicht jede Abschlussarbeit – wie in der Prüfungsordnung vorgesehen – mit dem Vermerk „Diplomarbeit“ gekennzeichnet wurde, so dass einige nicht einfach zu identifizieren sind. Leider wurde auch der in der Diplomordnung festgeschriebene Passus, dass von allen Diplomarbeiten zu Archivzwecken Diapositive anzufertigen seien (vgl. Abschnitt V, 3), vermutlich nicht umgesetzt; zumindest ist ein Bestand derartiger Dias im heutigen Archiv der HfBK Dresden nicht bekannt. Daher werden aktuell die Diplomthemen jeder einzelnen Absolvent*in der Fachrichtung Malerei in den überlieferten Akten im Archiv der Hochschule geprüft und mit dem Bestand verglichen. Dieses sehr aufwendige Recherche-Vorgehen brachte bislang 58 Diplomgemälde von 54 Absolvent*innen aus dem Zeitraum 1958-1968 hervor. Durch die laufende Forschungsarbeit kann sich die Zahl noch erhöhen.

Das Diplom galt in der Regel als Bedingung für die Bewerbung im Verband Bildender Künstler der DDR, höchst selten wurden Autodidakten aufgenommen. Die Mitgliedschaft dieser einzigen Berufsorganisation für bildende Künstler in der DDR war wiederum die Voraussetzung für die Teilhabe an der staatlichen Kunstförderung. Nur als Mitglied durfte man an offiziellen Ausstellungen teilnehmen, erhielt staatliche Aufträge, verfügte über eine Steuernummer sowie über einen Zugang zu verbandseigenen Läden mit Künstlerbedarf. Der akademische Abschluss war demnach ungemein wichtig und wie das Dokument zeigt, umfänglich organisiert und strukturiert.

// Kathleen Rosenthal

[1] Vgl. Prüfungsordnung der Hochschule für Bildende Künste Dresden vom 8. Juni 1951, Archiv HfBK Dresden, 05/EA 112, unpag.; auch in EA /106, unpag.

[2] Die Abschlussprüfungen in den theoretischen Fächern erfolgte in Form der Verteidigung von Thesen zu einem Thema, das der/die Studierende mit dem Dozent für Ästhetik bzw. dem Prorektor für das Studium der Gesellschaftswissenschaften zuvor vereinbart hatte, vgl. 1. Durchführungsbestimmung zur Diplomprüfungsordnung vom 1.5.1958, Archiv HfBK Dresden, 05/EA/112, unpag.

[3] In der vorangegangenen Prüfungsordnung vom 8. Juni 1951 heißt es noch, dass die Diplomarbeit vom Fachdozenten, „abgestimmt auf den Kandidaten, festlegt“ wird, vgl. Fußnote 1.

[4] Es handelt sich dabei um Walter Pomikalko: „Anatomie“, 1959, Inv.-Nr. A0082; Hannelore Tachilzik, verh. Neumann: „Studentengespräch: Drei Männer mit Aktmodell“, 1964, Inv.-Nr. A 0307; Helmut Biedermann: „Kunststudenten“ (Triptychon), 1966,  Inv.-Nr. A 1469.

[5] Johannes Meier: Jugendobjekt 8. Mai, 1961, Inv.-Nr. A 0084.

[6] Günther Hornig: Nationales Aufbauwerk, 1962, Inv.-Nr. A 0160, vgl. https://artonomia.de/objekt-des-monats-juli-2017/.

[7] Mit Beginn des Studienjahres 1951/52 wurde in der DDR in Anlehnung an das sowjetische Modell das jeweils im September beginnende 10-Monats-Studienjahr mit dem 1. Vorlesungsabschnitt (Herbstsemester) und dem 2. Vorlesungsabschnitt (Frühjahrssemester) eingeführt.

[8] Vgl. 2. Durchführungsbestimmung zur Diplomprüfungsordnung vom 1.5.1958, Archiv HfBK Dresden, 05/EA/112, unpag.