Injektionspräparat Hundebein
Inv.-Nr.: AP424T
Maße (H x B x T): ca. 78,5 x 46 x 51 cm
Datierung: 2014
Herstellung: Jakob Fuchs
Foto: Kerstin Riße
Die Hochschule für Bildende Künste Dresden verfügt über ein seltenes und für eine Kunsthochschule vermutlich einmaliges menschliches Präparat: Die Ganzkörperdarstellung eines Mannes mit aus didaktischen Gründen ausgespritzten Arterien und Venen – ein historisches Gefäßinjektionspräparat.
Im Jahr 2014 untersuchten Prof. Ivo Mohrmann und Monika Kammer in Zusammenarbeit mit Kerstin Risse und dem Labor für Archäometrie der HfBK Dresden, Prof. Christoph Herm, Dr. Sylvia Hoblyn und Annegret Fuhrmann das Injektionspräparat auf seine Herstellungstechnik und Schäden. Hierzu wurde das Präparat eingehend untersucht, Materialproben entnommen und analysiert, Röntgen- und UV-Aufnahmen angefertigt und alle Ergebnisse ausgewertet.
Schnell stellte sich die Frage, ob es über die Zusammensetzung der analysierten Inhaltsstoffe gelingen könnte, Zuschreibungen bezüglich Herkunft und Alter des Präparates vorzunehmen. Hierfür galt es zunächst, die Literatur zum Thema zu sichten. Anleitungen zur Herstellung von historischen Gefäßinjektionspräparaten finden sich zahlreich in anatomischen Lehrschriften und Präparationsanweisungen des 17., 18. und 19. Jahrhunderts. Die Autoren, meist Anatomen, beschreiben darin sowohl die von Ihnen genutzten Verfahren, als auch jene von denen sie lediglich Kenntnis hatten – eine nicht unerhebliche Fehlerquelle in Bezug auf deren Umsetzbarkeit. Grund hierfür ist, dass einige Anatomen die exakten Rezepturen zur Herstellung ihrer Injektionsmassen u.a. aus wirtschaftlichen Gründen entweder geheim hielten oder eventuell verfälscht wiedergaben.
Nach Recherche der historischen Literatur und im Abgleich mit den analysierten Inhaltsstoffen der Injektionsmassen des Ganzkörperpräparates aus der Anatomischen Sammlung konnten in Johann Leonhard Fischers Anweisungen zur praktischen Zergliederungskunst von 1791 zwei Rezepturen ermittelt werden, die mit den Untersuchungsergebnissen Übereinstimmungen zeigen.
An dieser Stelle muss Erwähnung finden, dass das Injektionspräparat der HfBK qualitativ sehr hochwertig angefertigt wurde, d.h., die Injektionsmassen sind nicht nur in die größeren Blutgefäße, sondern auch in die kleinsten Arterien der Muskulatur vorgedrungen. Um zu überprüfen, ob es theoretisch möglich ist, die von Fischer erwähnten Injektionsmassen mit einfachen Methoden ebenso weit in Gefäße einzuspritzen, war es naheliegend, hierzu praktische Studien durchzuführen.
Zunächst erfolgte die Herstellung der Injektionsmassen nach exakter Anleitung aus Fischers Publikation. In Zusammenarbeit mit dem Veterinär-Anatomischen Institut der Universität Leipzig fand schließlich der praktische Versuch am rechten Vorderlauf eines kürzlich verstorbenen Hundes statt. Nachdem die erwärmten Injektionsmassen nacheinander in die Hauptarterie des Laufs eingespritzt wurden, erfolgte nach entsprechender Abkühlung – und Erstarrung der Massen – die Präparation. Schnell stellte sich heraus, dass die Injektionen in Blutgefäße bis ca. einem µm (!) vorgedrungen waren. Das so entstandene Präparat wurde schließlich getrocknet, nach historischer Anleitung gefirnisst und 2016 als jüngstes Objekt in die Anatomische Sammlung überführt.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Zuschreibung des Ganzkörperpräparates anhand der durchgeführten Versuche hinsichtlich seiner Herkunft nicht möglich ist, da die Quellenlage zu diesem Zeitpunkt noch nicht hinreichend gesichtet werden konnte. Der teilweise recht großzügige Verzicht der Autoren auf exaktes Zitieren, erschwert die Identifikation des eigentlichen Urhebers, aber nur mit diesen Informationen ließen sich letztlich konkrete Zuschreibungsversuche vornehmen. Hinsichtlich der Datierung kann zumindest die Aussage getroffen werden, dass die analysierten Injektionsmassen bereits 1791 bekannt waren und die Herstellung eines vergleichbaren Präparates unter Berücksichtigung der im 18. Jahrhundert zur Verfügung stehenden Hilfsmittel durchaus gelingen kann.
Jakob Fuchs