Zustandserfassung der Gemälde der Hochschule für Bildende Künste Dresden sowie erste Maßnahmen der präventiven Konservierung im Depot
// Kathleen Schröter
Die Zustands- und Bestandserfassung der Gemäldesammlung war Schwerpunkt der ersten Förderphase des BMBF-Projektes „Körper und Malerei“ und fand vom 01.02.2017 bis 31.01.2018 im Anatomiesammlungsraum in der Kustodie der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) Dresden statt.
Die Gemäldesammlung der Hochschule für Bildende Künste Dresden (HfBK Dresden) mit insgesamt 1510 Werken befindet sich zum Großteil in einem alarmgesicherten Depot von rund 170 qm im Hauptgebäude auf der Brühlschen Terrasse. Format, Materialzusammensetzung und Herstellungstechnik wie auch der Erhaltungszustand der Gemälde unterscheiden sich bisweilen gravierend. Neben Tafel- und Leinwandgemälden sind auch Malereien auf Papier und Karton vertreten. Das kleinste Gemälde misst 13 x 9 cm, das größte Sammlungsstück 240 x 290 cm, das längste Werk ist 63 x 321 cm groß.
Die Gemälde sind in etwa 90 Holzgefachen und einem Grafikschrank untergebracht. Die bisherige Aufbewahrungssituation war für die teils hochempfindlichen Kunstwerke ungünstig und ließ eine Zugänglichkeit für Forschung und Öffentlichkeit nicht zu: Die Gemälde lagerten bisweilen sehr eng aneinander gelehnt in den Gefachen, kleinere Gemälde drückten sich dabei in die Malschicht von größeren Arbeiten. Großformatige, schwere Gemälde standen zum Teil in den Gängen vor den Gefachen und verhinderten den Zugang zu letzteren.
Der Staubeintrag in dem Raum, der auf die Beschaffenheit der Gebäudehülle zurückzuführen ist, ist hoch und führt zu einer starken Verschmutzung der Gemälde. Weniger dramatisch sind Temperatur und Luftfeuchtigkeit: Das Klima im Raum wird zwar nicht reguliert, so dass die Temperatur langsam mit dem Wechsel der Jahreszeit steigt und sinkt. Die Luftfeuchtigkeit aber bleibt relativ konstant bei etwa 50 %, so dass eine Schimmelbildung weitgehend ausgeschlossen werden kann.
Im ersten Jahr des Projektes „Körper und Malerei“ wurden die Lagerungsbedingungen verbessert und (neben der fotografischen und digitalen Erfassung der Kerndaten) der Zustand aller im Depot befindlichen Gemälde in die AUGIAS-Datenbank der Kustodie aufgenommen. Maßgeblich gelang dies mit Hilfe einer sechswöchigen Sommerschule, an der sieben Studierende aus dem Fachbereich Restaurierung unter der Leitung von Professor Ivo Mohrmann beteiligt waren. Die Sommerschule stellte für beide Seiten einen großen Gewinn dar: Die Studierenden hatten die Möglichkeit der Praxisübung an einem Originalbestand, d.h. sie bekamen einen Einblick in die umfangreiche Gemäldesammlung der Kustodie und konnten anhand dieser Werke im Studium erworbenes Wissen anwenden. Sie wurden mit der Notwendigkeit einer schnellen Erfassung konfrontiert und wurden durch die permanent wiederholte Schadensprotokollierung geschult, den Zustand eines Gemäldes rasch zu beurteilen. Die Sammlung wiederum erfuhr eine kompakte und fachgerechte Begutachtung und eine konservatorische Bearbeitung. Betreut wurde die Sommerschule von Kathleen Schröter, wissenschaftliche Mitarbeiterin des BMBF-Projektes „Körper und Malerei“.
Aus der Sommerschule heraus ist eine Handreichung entstanden, die sich unter anderem auf die gewonnenen Erfahrungen bei der Bestands- und Zustandserfassung der Gemälde und den konservatorischen Erstmaßnahmen stützt und für ähnliche Vorhaben in universitären Sammlungen Hilfestellungen bietet.
Bei den während der Sommerschule durchgeführten präventiven konservatorischen Maßnahmen handelte es sich um erste Schritte zur Verbesserung der Lagerungsweise der Gemälde sowie der räumlichen Gegebenheiten. Sie bestanden hauptsächlich in der Reinigung der einzelnen Gefache und des Depots, im Auslegen der Holzgefache mit archivbeständigem Karton und in der Sicherung der Gemälde durch Abstandshalter ebenfalls aus archivbeständigem Karton. Auch wurden einzelne Standorte der Gemälde verändert, um eine teilweise zu enge Lagerung in den Gefachen aufzuheben, um ähnliche Bildformate zusammen zu bringen und damit eine konservatorisch verbesserte Deponierung zu erreichen.
Säuberung der Gefache und Zuschnitt der Bodenpappen während der sechswöchigen Sommerschule 2017
Bei der Bildplatzierung der Gemälde in den einzelnen Gefachen wurde darauf geachtet, dass die die Inventarnummern leicht einsehbar sind. Neben der Größe wurden auch das Gewicht und der Zustand bei der Reihenfolge beachtet; Bildseiten wurden an Bildseiten, Bildrücken an Bildrücken gestellt und zwischen den Bildseiten jeweils eine archivbeständige Pappe gestellt.
Aufbewahrungssituation im Gemäldedepot HfBK Dresden vor konservatorischen Erstmaßnahmen
Aufbewahrungssituation im Gemäldedepot HfBK Dresden nach konservatorischen Erstmaßnahmen
Eine sogenannte erste Notsicherung – wie sie etwa im Falle loser Farbschichtschollen bisweilen durch temporäres Überkleben mit Sicherungspapieren (Facing) erfolgt – war aus Zeitgründen nicht umsetzbar. Stattdessen wurden sehr fragile Gemälde (insgesamt 35) aus ihren Gefachen genommen und mit Seidenpapier abgedeckt liegend gelagert. Dafür wurden einzelne Gefache mit zusätzlichen Böden versehen. Zum Teil vorhandene lose Farbschichten wurden in PE-Papiertüten gesammelt, diese wiederum mit der Inventarnummer gekennzeichnet und zum zugehörigen Gemälde dazugelegt. Diese Gemälde wurden in der Datenbank der Kustodie als besonders gefährdet markiert und sollen zukünftig bevorzugt in Lehrveranstaltungen des Studienganges Restaurierung untersucht und konserviert werden.
Auch die kleinformatigen Pappen wurden aus den Gefachen genommen und einzeln in PE-Papierhüllen verpackt in einen Graphikschrank gelegt.
Liegende Lagerung für besonders fragile Bilder
Liegende Lagerung kleinformatiger Pappen in einem Graphikschrank
Des Weiteren fertigte die Tischlerei der HfBK Dresden ein Gestell für sehr großformatige Gemälde an, damit diese nicht weiter in den Gängen stehen und die Zugänge zu den kleineren Gefachen bzw. Gemälden versperren.
Gemäldedepot HfBK Dresden, vor und nach den konservatorischen Erstmaßnahmen
Angesichts der großen Zahl an Sammlungsstücken konnte nicht für alle Gemälde ein ausführliches Schadensprotokoll angefertigt werden. Es erfolgte aber für jedes einzelne Werke eine Einordnung in sechs Schadenskategorien, die von dem wissenschaftlichen Mitarbeiter des BMBF-Projektes „Körper und Malerei“ Dipl. Rest. Jakob Fuchs wie folgt definiert und in der Datenbank der Kustodie eingetragen wurden:
stabil; Objekt ohne Schäden
Das Objekt benötigt keine weitere konservatorische Behandlung, da keine sichtbaren Schäden vorgefunden wurden (ausgenommen sind ggf. minimale trockene Reinigungsmaßnahmen / Abnahme von leichtem Oberflächenstaub); das Objekt ist verpackungs- und transportfähig.
stabil; Objekt mit partiellen Schäden
Es konnten wenige oberflächliche und partielle Schäden bestimmt werden (z.B. Verschmutzungen, kleinere Kratzer und Bestoßungen – ohne verlustgefährdetes Material). Es besteht keine Gefahr einer Verschlechterung des derzeitigen Erhaltungszustandes. Konservatorische Maßnahmen werden jedoch empfohlen; das Objekt ist verpackungs- und transportfähig.
stabil; Objekt mit starken Schäden
Es konnten großflächigere Schäden delektiert werden (z.B. stärkere Verschmutzungen; Deformationen oder Wasserschäden – ohne verlustgefährdetes Material). Es besteht keine Gefahr einer Verschlechterung des derzeitigen Erhaltungszustandes. Konservatorische Maßnahmen werden jedoch empfohlen; das Objekt ist verpackungs- und transportfähig.
instabil; Objekt mit partiellen Schäden
Das Schadensbild ist stellenweise und kleinflächig ausgeprägt (z.B. punktueller Haftungsverlust zwischen Bildträger und Malschicht, kleinere Einstiche oder Risse – mit tendenziell verlustgefährdetem Material). Bei entsprechender Lagerung ist nicht davon auszugehen, dass eine akute Verschlechterung des derzeitigen Erhaltungszustandes erfolgt. Konservatorische Maßnahmen werden jedoch dringend empfohlen; das Objekt ist nicht verpackungs- und transportfähig. Sperrvermerk für die Ausleihe.
instabil; Objekt mit starken Schäden
Ein komplexes und ausgeprägtes Schadensbild liegt vor. Es können mehrere oder sehr großflächige Schadensphänomene delektiert werden (z.B. großflächiger Haftungsverlust zwischen Bildträger und Malschicht; größere Risse des Bildträgers – mit weiterhin verlustgefährdetem Material). Bei entsprechender Lagerung ist nicht davon auszugehen, dass eine akute Verschlechterung des derzeitigen Erhaltungszustandes erfolgt. Konservatorische Maßnahmen werden jedoch dringend empfohlen; das Objekt ist nicht verpackungs- und transportfähig. Sperrvermerk für die Ausleihe.
instabil; Objekt muss notgesichert werden
Es besteht sofortiger konservatorischer Handlungsbedarf, da das Objekt aufgrund seines derzeitigen Erhaltungszustandes selbst bei entsprechender Lagerung weiter geschädigt wird (z.B. Malschichtablösung mit weiteren Malschichtverlusten bei geringfügigen Erschütterungen, Berührungen o.ä., akuter Schimmelbefall, Materialdegradationen); das Objekt ist nicht verpackungs- und transportfähig. Sperrvermerk für die Ausleihe.
Auf die insg. 1510 Gemälde bezogen erfolgte die Verteilung der Schadenskategorien wie folgt:
stabil; Objekt ohne Schäden: 1 Mal
stabil Objekt; mit partiellen Schäden: 1162 Mal
stabil; Objekt mit starken Schäden: 77 Mal
instabil; Objekt mit partiellen Schäden: 177 Mal
instabil; Objekt mit starken Schäden: 54 Mal
instabil; Objekt muss notgesichert werden: 35 Mal
Bei vier Gemälden wurde keine Schadenskategorie vergeben, weil sie sich zum Zeitpunkt der Bestandserfassung außer Haus befanden.
Kratzer auf einem Gemälde durch falsche Lagerung
413 Gemälde (darunter fast alle der 263 Diplomgemälde) erhielten eine vertiefte Schadensaufnahme mit der Benennung der Ursachen (Handling, Klima etc.) und teilweise mit Vorschlägen für Restaurierungsmaßnahmen. Exemplarisch und stellvertretend für den gesamten Bestand konnte auf Grundlage dieser Daten die Verteilung der Schadenstypen und deren Ursachen ermittelt werden, die sich wie folgt für die 413 Gemälde darstellt:
1 x Farbveränderung
1 x Pilzbefall
2 x Schimmel
3 x Fleck
3 x gestauchte Malschicht/ Farbschicht
3 x große Fehlstellen (Malschicht), großflächig
3 x Klimakante
3 x Verbräunung
4 x degradierter Bildträger
6 x Spannrahmen verzogen
6 x Verlust
6 x Verputzung (Malschicht)
6 x Verschmutzung (mittel)
7 x krepierte Farbschicht, partiell
7 x Verschmutzung (schwach)
8 x Runzel, stark ausgeprägt
10 x Wasserschaden
11 x Bruch
11 x Knick
12 x Ausbruch
13 x große Fehlstelle (Malschicht), partiell
15 x geöffnete Gehrung
16 x lockere Fassung (Rahmen)
19 x Malschicht/ Farbschicht locker, partiell
23 x Leinwandspannung gering
25 x Riss
26 x unsachgemäße Rahmung
27 x Fehlstelle Bildträger
28 x Verpressung (Malschicht)
39 x Bestoßung
39 x Verwölbung, konvex
49x Aufgefächerter Bildträger, partiell
54 x Frühschwundrisse
58 x tiefe Craquelésprünge, partiell
60 x Kratzer, tief
61 x Malschicht-/ Farbschichtabhebungen, partiell
74 x Loch
75 x vergilbter Überzug (Nasen /Laufspuren)
87 x Kratzer, leicht
101 x bestoßene Ecke(n)
103 x Deformationen
143 x Bereibungen
178 Fremdmaterial anhaftend
247 x kleine Fehlstellen (Malschicht), partiell.
395 x Verschmutzung (stark)
Als hauptsächliche Ursache wird Lagerung und Handling dafür angegeben, weitaus weniger sind Schäden, die durch Maltechnik und durch eine falsche Rahmung entstanden sind.